Heute am Volkstrauertag, gedenken wir allen Opfern der beiden Weltkriege und der Gewaltherrschaft des nationalsozialistischen Regimes. Mit zunehmenden Abstand zum Krieg, dient dieser Tag, als Tag der Trauer, in Solidarität mit allen Verletzten und Hinterbliebenen. Auch wenn die Zeitzeugen immer weniger und die Jahrzehnte seit diesen furchtbaren Geschehnissen immer mehr werden, so darf die Erinnerung an all diese schrecklichen Ereignisse und die Schicksale der Menschen und Familien niemals verblassen.
Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit, haben ich in den letzten neun Jahren viele Menschen kennengelernt, die aus den Generationen stammen, welche die wohl schreckliche Zeit der deutschen Geschichte hautnah miterlebet haben. Egal, ob ehemalige Soldaten, die schon als Jugendliche oder sehr junge Männer in den Krieg ziehen mussten und das Glück hatten, dass sie lebend zu ihren Familien zurückkehren durften, jedoch so traumatisiert waren, dass sie diesen Kummer ihr Leben lang mit sich tragen mussten oder Frauen, die bangend auf die Rückkehr ihrer liebsten gewartet haben, während sie verzweifelt versuchten die Familien zu ernähren und am Ende auch noch Opfer von Gewalt und Vergewaltigung durch die Soldaten der Feinde wurden. Oder damalige Kinder, die heute im hohen Alter, von den einschneidenden Erlebnissen ihrer Kindheit berichten.
Für die heutige Generation sind die Erzählungen der Zeitzeugen, Geschichten aus einer Zeit, die für uns unvorstellbar ist. Jedes mal, wenn einer dieser Menschen mit mir ein Bruchstück seiner Erinnerung teilt, hoffe ich sehr, dass sich all dies niemals wiederholt.
Unvorstellbar, beängstigend-und dennoch so präsent wie lange nicht. Nicht nur die aktuellen Kriege auf der Welt und aufgrund seiner Nähe zu uns, der Ukraine-Krieg, zu dessen Beginn ich einen gestandenen älteren Herren in seinem Zimmer im Pflegeheim bitterlich weinend angetroffen haben und er die Angst äußerte, dass er nicht nur seine ersten sondern auch seinen letzten Lebensjahre im Krieg verbringen muss, sondern auch die politische Entwicklung in Europa so auch vor allem in Deutschland selbst sollten uns immer wieder bewusst machen, welche Werte unsere Gesellschaft zusammenhalten.
So liegt es an jedem Einzelnen von uns, unseren Mitmenschen mit Akzeptanz und Verständnis entgegenzutreten. Dass wir die Schwächsten in unserer Mitte holen, dass wir Gleichberechtigung leben. Dass wir Menschlichkeit zeigen und niemanden aufgrund seiner Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Kultur diskriminieren. Dass wir nicht zulassen, dass sich die Geschichte wiederholt und dass wir dafür Sorge tragen, dass die Erzählungen aus der Vergangenheit der alten Generationen niemals zu unserer Gegenwart und Zukunft werden.
Rede von Christina Carmanns zum Volkstrauertag 2024